In der unternehmensinterne Compliance wird Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend eingesetzt. Besonders in der Exportkontrolle und im Zollrecht lassen sich durch KI signifikante Zeit- und Effizienzgewinne erzielen, etwa bei der automatisierten Zuordnung von Produkten zu Zolltarifnummern, dem Abgleich von Kunden mit Sanktionslisten oder der Identifizierung relevanter Regelwerke. Eine besonders sorgfältige, rechtlich einwandfreie Vorgehensweise ist unerlässlich. In diesem Briefing erläutern wir, wie KI auch in reaktiven Compliance-Prozessen der Exportkontrolle und des Zollrechts Chancen bietet. Die rechtlichen Herausforderungen, die dabei berücksichtigt werden müssen, haben wir bereits in unserem Briefing „KI in internen Untersuchungen“ aufgezeigt.

KI im Bereich Exportkontroll- und Zollrecht

Der Einsatz spezialisierter KI-Programme bietet große Effizienzsteigerungen im Bereich der Datensammlung und -aufbereitung. Das führt dazu, dass interne Compliancesysteme und interne Untersuchungen erheblich effizienter, gründlicher und kosteneffektiver gestaltet werden können. Denn der Prozess erfordert oftmals die Verarbeitung großer Datenmengen. KI-gestützte Programme können unter anderem bei der Digitalisierung und Kategorisierung analoger Unterlagen, der Protokollierung von Befragungen mit Angestellten oder anderen Beteiligten helfen sowie z.B. bei der Mustererkennung, etwa auffälliger Zahlungen, Kommunikation oder Verträge unterstützen.

KI-Tools vereinfachen außenwirtschaftliche Compliance-Prozesse, die anderenfalls viel manuelle Arbeit und spezialisiertes Wissen fordern, stark. Proaktiv kann KI bereits bei der Identifizierung der anwendbaren Regelwerke angewandt werden, indem z.B. die Geschäftsbeziehungen und Produkte des Unternehmens automatisiert auf Bezüge zu verschiedenen Jurisdiktionen untersucht werden. In einem folgenden Schritt können etwa die Namen aller Geschäftspartner:innen mit einschlägigen Sanktionslisten abgeglichen werden. Ebenso können sämtliche Produkte ihren Zollcodes zugeordnet und wiederum gegen Sanktionslisten oder andere exportkontrollrechtliche Instrumente geprüft werden.

Diese Funktionen lassen sich auch rückwirkend einsetzen und in einer internen Untersuchung bestimmte Geschäftsvorgänge flaggen oder als prioritär einstufen. Dies optimiert den Einsatz der Arbeitskraft und verschafft erhebliche Zeit- und Kostenvorteile.

Ebenso sollen einzelne KI-Programme in der Lage sein, durch sogenanntes “Natural Language Processing” zu erkennen, ob Hardware oder Technologie in der Vergangenheit zweckentfremdet wurde. So werden z.B. Stichworte wie „militärische Anwendungen” oder möglicherweise auch Ländernamen in der Dokumentenanalyse herausgefiltert und im Idealfall auch mit den dazugehörigen Verträgen abgeglichen, sodass der Untersuchungsbeauftragte diese Daten gezielt prüfen kann.

Auch mit Blick auf die Russlandsanktionen sind Unternehmen zunehmend mit Umgehungsrisiken konfrontiert, wenn insbesondere Neukunden aus nicht-europäischen Drittländern Bestellungen aufgeben. Dabei kann KI bestehende Transaktionsdaten auf verdächtige Muster hin analysieren und somit den zeitintensiven, teils manuell nicht umsetzbaren Abgleich übernehmen. Dies kann in Form einer Musteranalyse erfolgen, in der:

  • plötzliche Volumenzunahmen bei Exporten in Hochrisikostaaten,
  • ungewöhnliche Zahlungsketten
  • oder gar Mehrfachänderungen der Empfängeradresse des gleichen Kunden in kurzer Zeit

ausgewertet werden. So würde z.B. eine plötzliche Zunahme von Bestellungen eines türkischen Kunden von Produkten, die nach den Russlandsanktionen gelistet sind (auch diese Datenübertragung könnte KI übernehmen) auf Umgehungsgeschäfte hindeuten. Um das Ganze zu vereinfachen, könnte KI auf bestehende Enterprise Resource Planning-Systeme zugreifen, um die Daten abzugleichen.

Schließlich kann KI Handelsdokumente mit bestehenden Ausfuhrgenehmigungen, Nebenbestimmungen oder gar Anträgen abgleichen und Unstimmigkeiten herausfiltern.

Fazit

Dieses Briefing beleuchtet die Vorteile, die Unternehmen durch die Integration spezialisierter KI in ihre exportkontrollrechtlichen Compliance-Prozesse erlangen können. Auf der anderen Seite kommen diese Effizienzsteigerungen allerdings auch den durchsetzenden Behörden zugute, soweit diese sie im Einklang mit rechtlichen Vorgaben verwenden dürfen. Dies kann für Unternehmen mit unzureichenden Compliance-Systemen auch ein Risiko darstellen.

Auch bei kartellrechtlichen internen Untersuchungen spielt KI eine zunehmend größere Rolle. Für umfassende Expertise zur unternehmensinternen Compliance – bei Bedarf auch unter erfolgreicher Einbeziehung von KI-Tools – steht BLOMSTEIN Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie Dr. Roland M. Stein und Dr. Laura Louca.