Donald Trump ist erneut Präsident der USA. Die Reaktionen und Erwartungen reichen von Optimismus wegen der Aussicht auf weniger Regulierung bis hin zu Angst vor einem Handelskrieg mit China. In der Regel gilt: Unsicherheiten sind schlecht für das Geschäft. Gleichzeitig ist Trumps politische Unberechenbarkeit fast schon sein Markenzeichen. Trump hat während des Wahlkampfes und nun auch während seiner Rede zum Amtsantritt angekündigt, einen Schwerpunkt seiner Amtszeit auf den Schutz der US-Wirtschaft und die Bekämpfung des US-Handelsdefizits zu legen. Immer wieder bekräftigte Trump öffentlich, dass er nicht davor zurückschrecken wird, innen- wie außenpolitische Ziele mit handelspolitischen Maßnahmen durchzusetzen.
Am ersten Tag der Präsidentschaft veröffentlichte das Weiße Haus die neue „America First Trade Policy“ (Trump Trade Policy). Nach dieser sollen die Handelsbeziehungen der USA umfassend neu bewertet werden. Aufgrund dieser Neubewertung sollen dann handelspolitische Maßnahmen (bspw. die Verhängung von Zöllen) ergriffen werden. Die diesbezüglichen Erkenntnisse sowie Entscheidungen sollen schon zum 1. April 2025 präsentiert werden.
Für Unternehmen besteht schon jetzt Handlungsbedarf, da einige Maßnahmen direkt am ersten Tag der Präsidentschaft umgesetzt wurden. Sofortige Anpassungen gab es beispielsweise bei den Sanktionslisten. Beim Screening von Geschäftspartnern ist also erhöhte Aufmerksamkeit geboten und zwingend auf Aktualität zu achten. Zudem besteht das Risiko, dass weitere handelspolitischen Maßnahmen, wie beispielsweise die Einführung und Erhöhung weitreichender Zölle kurzfristig umgesetzt werden. Insgesamt gilt, dass nur die sofortige und konsequente Anpassung von internen Prozessen und Compliance-Systemen Verstößen gegen handelspolitische Maßnahmen wirksam vorbeugt.
In diesem Briefing geben wir einen Überblick darüber auf welche handelspolitischen Maßnahmen Unternehmen vorbereitet sein sollten.
Zölle
Trump betont bei öffentlichen Auftritten immer wieder, dass er die US-Wirtschaft auch mit Hilfe von teils massiven Zöllen stärken und schützen will. Folgende Zölle hatte Trump für seine zweite Präsidentschaft in Aussicht gestellt:
- 10 bis 20 %-Zoll auf sämtliche Importe: Um die US-Wirtschaft zu schützen, warb Trump im Wahlkampf darum sämtliche Importe in die USA – unabhängig von Sektor und Ursprungsland – mit einem zusätzlichen Zoll in Höhe von 10 bis 20 % zu belegen.
- 60 %-Zoll auf Importe aus China: Trump wirft China unfaire Handelspraktiken vor und hatte damit geworben, die US-Wirtschaft durch massive Zölle von bis zu 60 % für Importe aus China schützen zu wollen. Außerdem soll auch Chinas Einstufung als bevorzugter Handelspartner („most-favored-nation“, MFN) reevaluiert werden. Die Aberkennung des MFN-Status könnte dann als Rechtfertigung für die Zölle dienen.
- 25 %-Zoll auf Importe aus Mexiko und Kanada: Trump hat wiederholt angekündigt, ab dem 1. Februar 2025 pauschal Zölle in Höhe von mindestens 25 % auf sämtliche Importe aus Mexiko und Kanada einzuführen. Außerdem soll das nordamerikanische Freihandelsabkommen („US-Mexiko-Canada Agreement“, USMCA) umfassend geprüft werden. Die Neuverhandlung des (in der ersten Amtszeit von Trump abgeschlossenen) USMCA ist für Mitte 2026 angesetzt. Gerade im Verhältnis zu den wichtigen USMCA-Partnern ist der Abbau des US-Handelsdefizits ein zentrales Ziel der zweiten Präsidentschaft von Trump. Ein weiterer Schwerpunkt in den Beziehungen zu den USMCA-Partnern liegt auf der Bekämpfung von Migration und Drogenhandel. Auch in diesem Bereich sieht die Trump Trade Policy Reevaluierungen vor.
- Einfuhrzollfreiheit bis USD 800: Auf dem Prüfstand steht nach der Trump Trade Policy auch die Einfuhrzollfreiheit bei Waren bis zu einem Wert von USD 800.
- Zölle gegen BRICS+: Auch die BRICS+-Staaten[1] sind ins Visier von Trump geraten. Diese kritisieren die globale Vormachtstellung des US-Dollars als Reservewährung und fordern insgesamt mehr finanzielle Unabhängigkeit der globalen Märkte vom US-Dollar. Trump hingegen drohte vor seiner Einführung, auf solche Bestrebungen mit Zöllen von bis zu 100 % gegen die BRICS+-Staaten zu reagieren.
- Zölle gegen NATO-Partner: Nicht ausgeschlossen scheint zudem, dass Trump länderspezifische Zölle gegen NATO-Partner erwägt, die aus Sicht der US-Regierung keine ausreichend hohen Verteidigungsausgaben erbringen.
Neben universalen und länderspezifischen Zöllen dürften auch sektorspezifische Zölle zum Instrumentenkasten der nächsten US-Regierung gehören. Wie schon in der letzten Präsidentschaft von Trump dürften hier vor allem die Wirtschaftszweige Stahl und Aluminium und insbesondere die Automobilindustrie im Fokus stehen. Die Trump Trade Policy will die bestehenden Maßnahmen in Bezug auf Stahl- und Aluminiumimporte überprüfen und eine breite Evaluierung der US-Industrie vornehmen. Die Ergebnisse könnten dann zur Rechtfertigung weiterer Importbeschränkungen dienen.
Verschärfung der Exportkontrolle
USA und China stehen in einem erbitterten Wettbewerb um die Vormachtstellung im Bereich der Hochtechnologie – von Halbleitertechnik bis Quantentechnologie. Ziel der Exportkontrollstrategie von Trump ist es, die Technologieführerschaft der USA zu schützen und auszubauen.
Diskutiert wird unter anderem, ob unter Trump die sogenannte de minimis-Regel abgesenkt wird: Bisher finden US-amerikanische Re-Exportkontrollen auf die meisten im Ausland produzierten Güter erst Anwendung, wenn diese einen Anteil von 25% US-amerikanischer Technologie enthalten. Künftig könnte dies bereits ab einem Schwellenwert von 10 % der Fall sein. Möglich erscheint auch die grundsätzliche Ausweitung der Exportkontrolle auf weitere Gütergruppen oder Softwarekategorien. Konkret angeordnet wurde durch die Trump Trade Policy, dass das gesamte US-Exportkontrollsystem evaluiert werden und infolgedessen im Hinblick auf „strategische bzw. geopolitische Rivalen“ der USA angepasst werden soll.
Sanktionen
Auch im Bereich der Sanktionen drohen Ausweitungen. Einzelne nominierte Kabinettsmitglieder befürworten etwa eine Verschärfung der US-amerikanischen Sanktionen gegenüber Kuba, Iran oder Venezuela. Der Regierung stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung:
- Erweiterung der „Specially Designated Persons List“ (SDN-Liste): Amerikanischen Individuen oder Unternehmen ist es verboten, mit dort gelisteten Personen Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Als eine der ersten Maßnahmen wurden nun u.a. mexikanische Drogenkartelle als ausländische terroristische Organisationen in die SDN-Liste aufgenommen. Weitere Listungen dürften zu erwarten sein.
- Abschaffung bestehender Ausnahmeregelungen: Im Wahlkampf hatte Trump auch die Abschaffung von bestehenden Ausnahmeregelungen angekündigt. Konkret betroffen könnten Ausnahmeregelungen für die Erbringung humanitärer Hilfe, für die Reisetätigkeit von Privatpersonen oder für Transaktionen im Energiesektor sein.
- Strengere Kontrolle und Durchsetzung: Insgesamt kündigt Trump eine selbstbewusstere Handels- und Außenpolitik der USA an. Es kann als Vorzeichen für die kommende Präsidentschaft gedeutet werden, dass Trump die erst kürzlich von Biden erleichterten Sanktionen gegen (u.a.) Kuba prompt wieder verschärfte.
Weitere Maßnahmen
Die Trump Trade Policy enthält darüber hinaus noch viele weitere handelspolitischen Maßnahmen:
- Schaffung eines „External Revenue Services“ (ERS): Es soll die Schaffung einer neuen Behörde geprüft werden. Das ERS soll gebündelt für die Eintreibung von Zöllen und Durchsetzung sonstiger handelspolitischer Maßnahmen verantwortlich sein.
- Evaluierung von Handelsabkommen: Die Trump Trade Policy sieht vor, dass sämtliche bestehende Handelsabkommen der USA evaluiert werden sollen. Das erklärte Ziel ist, nach Ansicht von Trump unausgewogene Handelsabkommen entweder zugunsten der USA nachzuverhandeln oder diese ganz aufzukündigen.
- Verschärfung des Outbound Investment Screenings: Nach der Trump Trade Policy sollen auch die erst kürzlich in Kraft getretenen Regelungen zum US-Outbound Investment Screening überprüft und womöglich ausgebaut werden.
Welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Im Kern lassen sich die zu erwartenden Auswirkungen in drei Bereiche unterteilen:
- Verteuerung von Exporten in die USA: Die möglichen handelspolitischen Maßnahmen können außerhalb der USA produzierte Waren verteuern und so weniger wettbewerbsfähig auf dem US-Markt machen. Das trifft beispielsweise deutsche Autobauer, die Teile ihrer Produktion für den US-amerikanischen Markt nach Mexiko verlagert haben. Mexiko steht nun jedoch besonders im Visier von neuen handelspolitischen Maßnahmen. Hier drohen erhebliche Verteuerungen.
- „China-Zölle“ könnten Handelsströme umleiten: Insbesondere die angekündigten, massiven Zölle auf Waren aus China können Handelsströme in andere Märkte umleiten. So könnten vermehrt chinesische Güter europäische oder andere Märkte erreichen und dort die Wettbewerbsfähigkeit anderer Unternehmen untergraben. Auch Investitionsströme werden möglicherweise umgelenkt, um durch die Produktionsverlagerung landesspezifische Zölle zu vermeiden. In den vergangenen Jahren profitierten etwa Vietnam oder Mexiko von Investitionen chinesischer Unternehmen, die auf diese Art und Weise US-Zölle zu umgehen versuchten.
- Gegenmaßnahmen von Drittstaaten: Es drohen Gegenmaßnahmen durch betroffene Drittstaaten. Von chinesischer Seite beispielsweise dienten Exportbeschränkungen für kritische Rohstoffe bereits in der Vergangenheit als Erwiderung auf US-amerikanische Handelsmaßnahmen. Gleichzeitig führt auch China Listen mit sanktionierten US-amerikanischen Unternehmen, die auf diese Art und Weise aus chinesischen Lieferketten ausgeschlossen werden sollen. Aber auch die EU hat sich gegen handelspolitische Maßnahmen der erste Trump Regierung mit Gegenmaßnahmen zur Wehr gesetzt: Die 2018 eingeführten US-Zölle auf Stahl und Aluminium führten zu Gegenzöllen der EU. Die Wirksamkeit solcher Gegenmaßnahmen wurde jüngst durch der Harley-Davidson-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes gestärkt.
BLOMSTEIN wird die Entwicklungen in der US-Handelspolitik sowie die internationalen Reaktionen, gerade mit Blick auf das Verhalten der EU und Auswirkungen für die deutsche Exportwirtschaft aufmerksam verfolgen. Bei Fragen zur Trade-Compliance und dem Umgang mit handelspolitischen Maßnahmen wenden Sie sich gerne direkt an Dr. Roland M. Stein, Dr. Leonard von Rummel, Dr. Laura Louca und Ines Florinde Horn.
[1] Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika sowie Ägypten, Äthiopien, Indonesien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.